Stadionumbau Brötzinger Tal

Stadionumbau Brötzinger Tal

Viele Pforzheimer Fans fragen sich, wie denn eigentlich der Stand der Umbaumassnahmen im Brötzinger Tal ist. Wir führten deshalb ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Markus Geiser zum aktuellen Status. Das Interview wurde im letzten Stadionheft abgedruckt. Wir wollen aber auch denen Gelegenheit zum Lesen geben, die am vergangenen Spieltag nicht dabei waren.

Marco Nabinger: Hallo Markus. Seit über 8 Jahren besteht nun der 1. CfR Pforzheim. Noch immer warten die Mitglieder auf die endgültige Spielstätte – mit Stadion, eigenem Vereinsheim und so weiter. Vor und auch nach der Fusion wurde von Seiten der Stadt Pforzheim der Holzhof als neues Vereinsgelände propagiert. Nach etwa 2 Jahren kam dann die Kehrtwende. Aus Gründen des Wasserschutzes sollte der Holzhof aufgegeben werden und das Brötzinger Tal sollte die neue Heimat werden. Im Sommer 2014 wurde dann endlich mit den Maßnahmen begonnen. Aber auch nach über 4jähriger Bauzeit ist der Umzug noch nicht vollzogen. Die Geduld der Vereinsmitglieder ist inzwischen sehr strapaziert. Wie ist denn der aktuelle Stand?

Markus Geiser: Nicht nur für die Mitglieder ist diese Situation unbefriedigend, sondern auch, oder erst recht für uns Vorstände und alle, die aktiv an diesem Projekt arbeiten. Die vielen Unzulänglichkeiten, Verzögerungen und Änderungen haben auch bei uns schmerzhafte Spuren hinterlassen. Aber nun zum aktuellen Stand:

Im Clubhaus arbeiten wir gerade am Obergeschoss. Hier soll der VIP-Bereich entstehen. Diese Räumlichkeiten möchten wir unter der Woche auch an Unternehmen vermieten für Schulungen oder sonstige Veranstaltungen. In den letzten Tagen wurden die Fliesenarbeiten abgeschlossen. Als nächstes steht die Sanierung der Toiletten im Untergeschoss auf dem Plan. Das Erdgeschoss ist bis auf die Malerarbeiten und die Arbeiten in der Küche abgeschlossen. Den Rest möchten wir erst fertigstellen, wenn ein Pächter gefunden wurde. Denn der möchte sicherlich Einfluss auf die Ausstattung nehmen.

MN: Wie steht es um das Funktionsgebäude? Dies soll doch die Umkleiden und Sanitärbereiche beherbergen. Ohne die ist ein Spielbetrieb ja nicht möglich.

MG: Richtig. Der Rohbau für das Funktionsgebäude ist fertig. Das Dach wurde eingedichtet, die Fenster werden noch hoffentlich in diesem Monat geliefert. Aufgrund der aktuellen Marktsituation haben sich Lieferzeiten deutlich verlängert. Leider hat sich erst während der Bauarbeiten ergeben, dass die Abwasserleitungen bis zur Straße komplett erneuert werden müssen. Aufgrund der Anschlussgegebenheiten an der Adolf-Richter-Straße muss hier nun auch noch eine komplett neue Hebeanlage eingebaut werden.

MN: Wann kommt die Tribüne?

MG: Hier haben wir leider immer noch keine Baufreigabe. Geplant ist hier eine Tribüne in einer üblichen Systemweise für Stadien mit weniger als 5.000 Zuschauern. Unterhalb der Tribüne, also auf der Seite zum Platz 2, sind Toilettencontainer vorgesehen. Die Feuerwehr hat nun befunden, dass diese eine Brandlast für die Tribüne darstellen und weitere Brandschutzmaßnahmen gefordert.

MN: Und wie sollen diese Maßnahmen aussehen?

MG: Es soll eine Brandschutzwand der Klasse F60 als Abtrennung eingebaut werden. Ursprünglich war sogar eine F90-Wand im Gespräch.

MN: So etwas habe ich ja noch nie gehört. Hätte es da nicht gereicht, zum Beispiel die Tribüne mit einem feuerhemmenden Anstich zu versehen? So war es doch auch von der Baubehörde vorgeschlagen worden.

MG: Das stimmt eigentlich, aber die Feuerwehr sieht das anders. Da sich die Baubehörde nicht über die Empfehlungen der Feuerwehr hinwegsetzt, werden wir wohl auch diese Kröte schlucken müssen. In Nagold wurde übrigens dieselbe Tribüne als nicht brennbare Stahlkonstruktion ohne zusätzliche Brandschutzauflagen genehmigt.

MN: Viele Mitglieder verstehen nicht, warum dies alles so lange dauert. Wie ist denn eigentlich die genaue Aufgabenverteilung? Wer plant denn das ganze Projekt? Die Stadt als Eigentümer oder der Verein?

MG: Die Stadt ist der Eigentümer und bezahlt das Projekt, der Verein ist somit Bauherrenvertreter. Diese Aufteilung war notwendig um verschiedene Fördermittel zu generieren. Da die Stadt aber den Vereinsvorstand nicht auch als Planer akzeptierte, wurde von ihr eine neutrale Stelle mit der Planung und Bauaufsicht beauftragt. Dies war die Firma Conceptplan4 aus Waldbronn. Leider verlief diese Zusammenarbeit sehr enttäuschend. Mehrkosten und Verzögerungen waren die Folge. Deshalb wurde im letzten Jahr Noller Ingenieure aus Pforzheim mit dieser Aufgabe betraut. Wir als Vorstände sind daher „nur“ die Interessenvertreter der Bauherrenvertretung.

MN: Wie sieht es denn mit der Finanzierung des Projekts auf? Ist man im Kostenrahmen?

MG: Leider nein. Seit Beginn der Maßnahmen sind verschiedene, für uns nicht kalkulierbare, Punkte aufgekommen.

  • Entgegen der ursprünglichen Planung mussten für das Clubhaus zusätzliche Brandschutzmaßnahmen (zusätzliche Fluchtwege, Brandschutzwände,…) vorgesehen werden. Dies ergab sich durch die nachträgliche Einstufung des Gebäudes als Versammlungsstätte durch die Behörden. Hinzu kam dann noch die Auflage, dass wir einen Fahrstuhl einbauen mussten.
  • Die erwähnte Hebeanlage schlägt mit 30.000 EUR zu Buche
  • Der zusätzliche Brandschutz für die Tribüne wird etwa 40.000 EUR kosten.
  • Das Material für die Tribüne ist beim Lieferanten längst versandbereit. Aufgrund der neuen Anforderungen und deren Umsetzung ergaben sich so viele Verzögerungen, dass hierfür Lagerkosten entstehen werden.
  • Das Flutlicht für Platz 2 kann nicht wie geplant umgesetzt werden, da vom Umweltamt neue Auflagen geäußert wurden. So müssen Abstrahlwinkel geändert und Lichtfarben angepasst werden um die Belastung für Insekten zu reduzieren. Wir rechnen mit Kosten hierfür von über 20.000 EUR.
  • Bei den Vorbereitungen des Bodens für die Tribüne wurde Phosphor im Aushub gefunden. Dies sind Altlasten des Angriffs vom 23. Februar 1945. Zwar ist die Stadt Eigentümer, jedoch sollen die Kosten für die Entsorgung aus dem ursprünglichen Baubudget finanziert werden. Wir sprechen hier von ca. 90.000 EUR nur für die Entsorgung des belasteten Materials.
  • Und nicht zuletzt haben sich die Kosten alleine schon durch die Verzögerungen erhöht. Alleine in den letzten 3 Jahren haben sich die Baupreise um über 12% erhöht.

MN: Wenn man die sich immer wieder ändernden Anforderungen vor Augen führt, versteht man, warum die Umsetzung dieses Projekts so lange dauert. Hätte man das nicht vorher wissen können, bzw. vermeiden können?

MG: Unser Einfluss ist hier stark limitiert. Wie gesagt, wir sind zwar Bauherrenvertreter, aber die Entscheidungen trifft die Stadtverwaltung. Wir sprechen hier über 7 verschiedene Ämter, deren Anforderungen unter einen Hut gebracht werden müssen. Das ist nicht immer leicht und manchmal sogar eine große Herausforderung.

MN: Bringt sich denn der Verein in Form von Eigenleistungen ein?

MG: Ja natürlich. Dass der Verein viel leisten kann, konnte man sehr gut bei den Vorbereitungen für das DFB-Pokalspiel gegen Leverkusen sehen. Diese Aktionen standen im Rampenlicht und wurden von jedem wahrgenommen. Die Arbeiten, die im Brötzinger Tal geleistet werden, registriert außerhalb des Vereins kaum jemand. Die Eigenleistung des Vereins für das Projekt Brötzinger Tal liegt nach aktueller Rechnung bei über 125.000 EUR. Man darf nicht vergessen, dass wir es hier mit Ehrenamtlichen zu tun haben. Es ist unglaublich, was im Verein geleistet wird. Leider wird das nicht immer erkannt, bzw. anerkannt.

MN: Das ist eine stolze Summe. Das liegt tatsächlich außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung. Bei allen Punkten, die jetzt noch offen oder noch nicht einmal abschließend geklärt sind – wann wird denn nun umgezogen?

MG: Wir haben uns im Holzhof sehr gut eingerichtet und fühlen uns dort sehr wohl. Trotzdem arbeiten wir natürlich mit Hochdruck an der Fertigstellung der neuen Heimat des Vereins. Wir wollen unbedingt zum 30. Juni 2019 fertig sein.

MN: Markus, ich danke dir für das Gespräch.

 

No Comments

Leave a Comment

Your email address will not be published.